Corona-Krise: Soziale Distanzierung rettet Leben

Soziale Distanzierung rettet Leben - in diesem Artikel gehen wir darauf ein, warum.

Stand: 14.03.2020.

Am 11.03.2020 erklärte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die durch den Erreger SARS-CoV-2 ausgelöste Lungenerkrankung Covid-19 zur Pandemie (1). In Reaktion kam es in diversen Staaten rund um die Welt zu massiven Einschränkungen des öffentlichen Lebens.

Diese Maßnahmen der sozialen Distanzierung haben ein primäres Ziel: die Verbreitung der Erkrankung zu verlangsamen, damit die Gesundheitssysteme nicht überlastet werden und lebensrettende Maßnahmen sichergestellt werden können.

Diese Verlangsamung der Ausbreitung ist absolut notwendig, um Risikopersonen - insbesondere ältere Personen und Personen mit chronischen Vorerkrankungen (2) - zu schützen. 

Wir alle können unseren Teil dazu beitragen. Im Folgenden gehen wir auf die wichtigsten Fakten rund um das Coronavirus und die Implikationen, die sich daraus ergeben, ein.

Solltest du den Verdacht haben, dich infiziert zu haben, lies bitte direkt die Anweisungen am Ende des Artikels oder die ausführlicheren Informationen des Robert-Koch-Institus (RKI).

Symptome der Covid-19-Erkrankung

Zu den häufigsten Symptomen der Covid-19-Erkrankung zählen laut WHO-China-Report (3):

  • Fieber (88%)
  • Trockener Husten (68%)
  • Müdigkeit (38%)
  • Auswurf (33%)
  • Kurzatmigkeit (19%)
  • Muskel- oder Gelenkschmerzen (15%)
  • Halsschmerzen (14%)
  • Kopfschmerzen (14%)
  • Schüttelfrost (11%)
  • Übelkeit oder Erbrechen (5%)
  • Nasenverstopfung (5%)
  • Durchfall (4%)

Verlauf der Covid-19-Erkrankung

  • Die Inkubationszeit des Erregers beträgt zwischen 0 und 24 Tagen (4,5), wobei die geschätzte mittlere Inkubationszeit laut des RKI bei 5-6 Tagen liegt (6).
  • Die Erkrankung verläuft in 80.9% der Fälle mild (grippeähnliche Symptome) und in 13,8% der Fälle so schwerwiegend, dass ein Krankenhausaufenthalt notwendig wird (2). Bei 4.7% der Fälle verläuft die Erkrankung so kritisch, dass akute Lebensbedrohung besteht und eine Aufnahme auf die Intensivstation notwendig wird (2).
  • Die Sterblichkeitsrate bei Infektion mit dem Erreger wird aktuell im Mittel auf 2,3% (2) bis 3,5% (7) geschätzt, wobei die Schätzungen teils starken Schwankungen unterliegen. Ein großer Einflussfaktor auf die Letalität ist die medizinische Versorgungskapazität einer Region beziehungsweise eines Landes.
    [Diese Schätzungen sind noch mit einer großen Ungenauigkeit behaftet. Genaue Schätzungen können zum aktuellen Zeitpunkt allerdings noch nicht berichtet werden, da die Schätzung durch verschiedene Faktoren (u.a. die Nicht-Kenntnis weiterer bereits infizierter Patient*innen) erschwert wird.]

Die aktuellsten Informationen rund um den Coronavirus findest du auf der Webseite des RKI.

Risikogruppen für schwere Verläufe

Schwere Verläufe treten vor allem bei älteren Personen und Personen mit komorbiden Erkrankungen auf (2, 6). Laut des RKI gelten folgende Gruppen als besonders gefährdet:

  • ältere Personen (mit stetig steigendem Risiko für schweren Verlauf ab etwa 50–60 Jahren)
  • Raucher*innen
  • Personen mit bestimmten Vorerkrankungen:
    • des Herzens (z.B. koronare Herzerkrankung),
    • der Lunge (z.B. Asthma, chronische Bronchitis),
    • Patienten mit chronischen Lebererkrankungen)
    • Patienten mit Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit)
    • Patienten mit einer Krebserkrankung.
    • Patienten mit geschwächtem Immunsystem (z.B. aufgrund einer Erkrankung, die mit einer Immunschwäche einhergeht oder durch Einnahme von Medikamenten, die die Immunabwehr schwächen, wie z. B. Cortison)

Abbildung 1 und 2 verdeutlichen noch einmal die Letalität in Abhängigkeit der Altersgruppe und der Art der Vorerkrankungen bei 44.672 beziehungsweise 20.812 bestätigten Fällen aus China.

Abbildung 1: Sterblichkeitsrate in Abhängigkeit des Alters bei n = 44.672 bestätigten SARS-CoV-2 Fällen in China. Quelle: Chinese Center for Disease Control and Prevention (2020)

Abbildung 2: Sterblichkeitsrate in Abhängigkeit komorbider Erkrankungen bei n = 20.812 bestätigten SARS-CoV-2 Fällen in China. Quelle: Chinese Center for Disease Control and Prevention (2020)

Größte Bedrohung: Überlastung des Gesundheitssystems

Viele Fragen sich angesichts der massiven Maßnahmen seitens der Politik, ob diese denn gerechtfertigt seien. Wenn man sich die Daten so ansieht, könnte man meinen, dass das Virus für den Großteil der Bevölkerung ungefährlich ist und die politischen Maßnahmen demnach übertrieben erscheinen. 

Es stimmt, dass vor allem Junge und Gesunde keine Angst vor den Konsequenzen einer Erkrankung haben müssen. Gefährdet sind vor allem ältere Personen und diejenigen mit Vorerkrankungen. 

Was man dennoch nicht vergessen sollte ist, dass verglichen mit der jährlichen Grippe (hier Saison 2017/2018) die geschätzte Letalität beim neuartigen Coronavirus um ein Vielfaches höher liegt (8). Dies liegt unter anderem auch daran, dass noch keine Impfstoffe und keine medikamentöse Behandlung zur Verfügung steht.

Was das Virus - auf gesamtgesellschaftlicher Ebene - so gefährlich macht, ist dessen exponentielles Wachstum und die damit verbundene Bedrohung, eine Überlastung des Gesundheitssystems zu verursachen.

Dass dies kein unrealistisches Szenario ist, sieht man an der aktuellen Situation unseres europäischen Nachbarns Italien.

Laut statistischem Bundesamt lag die Anzahl an Intensivbetten 2017 bei rund 28.000 (9). Allerdings sind durchschnittlich 80% dieser Betten durch den Regelbetrieb belegt (10), wodurch die tatsächlich verfügbare Kapazität wesentlich beschränkter ist. 

Gehen wir davon aus, dass nur etwa 25% der deutschen Bevölkerung am neuartigen Corona-Virus erkranken würden (realistischer sind langfristig wesentlich höhere Zahlen) - dies entspräche knapp 20.000.000 Infizierten. Bei einem kritischen Verlauf von 20% würden wir 4.000.000 Krankenhausbetten für deren Behandlung benötigen. Knapp 1.000.000 Deutsche würden in einen kritischen Zustand gelangen, bei dem eine Aufnahme auf eine Intensivstation notwendig wäre.

Diese Zahl steht im krassen Kontrast zu den nur 28.000 Intensivbetten, die aktuell verfügbar sind. Das oberste Ziel ist es daher, die Verbreitung des Virus so gut es geht zu verlangsamen, dass möglichst wenig Betroffene zeitgleich intensive medizinische Behandlung benötigen.

Damit wir als Land die Möglichkeit haben, uns auf diese neuartige Situation und den hohen Behandlungsbedarf einzustellen und beispielsweise Teile der knapp 497.000 generellen Krankenhausbetten (9) zu Intensivbetten umzufunktionieren, brauchen wir vor allem eins: mehr Zeit

Exponentielles Wachstum bedroht Gesundheitssystem

Was die gesamte Situation besonders gefährlich macht, ist die extreme Ausbreitungsgeschwindigkeit des Virus. Die Verbreitung folgt hierbei einer exponentiellen Wachstumskurve - dies lässt sich gut in Abbildung 3 erkennen. 

Schauen wir erneut nach Italien: Etwa 10-14 Tage nach den ersten hundert bestätigten Fällen zeigt sich eine deutliche Beschleunigung im Wachstum der Rate der bestätigten Fälle. Deutschland weist hierbei denselben Trend auf wie Italien, liegt aber in der Entwicklung etwa 8-9 Tage hinterher.

Abbildung 3: Kumulative Anzahl bestätigter SARS-Cov-2-Fälle ausgewählter Länder in Abhängigkeit der Tage nach dem 100. Falls des jeweiligen Landes (Stand: 13.03.2020). Grafik erstellt mit Covid-19 growth visualization tool von Schönbrodt und Kollegen.

Ein Grund hierfür ist vor allem die bereits erwähnte lange Inkubationszeit des Virus. Je früher eine Infizierte Person von gesunden Personen abgeschottet wird, desto niedriger fällt die Wachstumsrate aus. Durch die lange Inkubationszeit haben bereits Infizierte, die allerdings keine Symptome zeigen, noch lange Zeit direkten Kontakt mit anderen Personen und geben so das Virus unwissentlich weiter. 

Um dieser Gefahr entgegen zu wirken hilft nur eins: Soziale Distanzierung.

Soziale Distanzierung - die Verantwortung liegt bei uns allen

Die Idee dahinter ist ganz einfach: Soziale Distanzierung bedeutet, soziale Kontakte so gut es geht zu vermeiden. Damit die Verantwortung nicht völlig alleine bei uns Bürger*innen liegt, macht es die Politik vor. Die Bundesregierung setzt damit auf die einzig effektive Maßnahme in solch einem Fall.

Alle Orte und Veranstaltungen, die mit großen Menschenmassen und hohem Verkehr unterschiedlicher Personen in Verbindung stehen, werden vorübergehend geschlossen oder abgesagt. Fast bundesweit finden wir geschlossene Schulen, Universitäten, Bars und öffentliche Einrichtungen wie Theater. Sogar Privatveranstaltungen über 50 Personen sind mittlerweile in einigen Städten verboten. Doch bringt das Ganze überhaupt etwas?

Abbildung 4 zeigt die Anzahl der Neuerkrankungen in China im zeitlichen Verlauf. Graue Balken stellen die Daten nach Zeitpunkt des Symptombeginns dar, wohingegen orangene Balken die Daten nach Zeitpunkt der Diagnose darstellen. Aus dem Schaubild wird ersichtlich, dass die Anzahl der Neuerkrankungen unmittelbar nach dem “Lockdown” in China aufhört weiter anzusteigen beziehungsweise langfristig sogar zurück geht. Weitere Beispiele für den Erfolg dieser Strategie finden sich in diesem Blog-Beitrag von Thomas Pueyo.

Abbildung 4: Zeitverlauf der Neuerkrankungen des SARS-CoV-2 in der Region Hubei, China. Quelle: Wu & McGoogan (2020); adaptiert von Thomas Pueyo.

Durch die Befolgung der Empfehlungen und der Vermeidung unnötiger Kontakte können wir es gemeinsam schaffen, die negativen Folgen einer unkontrollierten Ausbreitung abzuschwächen. Dabei kann jeder einzelne seinen Beitrag dazu leisten - ähnlich wie bei der Herdenimmunität bei anderen Infektionskrankheiten.

Leider gibt es in diesem Fall (noch) keine Impfung, die jeder zu sich nehmen kann, um Herdenimmunität zu erreichen und Risikopersonen, die sich aus gesundheitlichen Gründen nicht impfen lassen können, zu schützen. Dennoch sieht man die Parallele - auch wenn wir selbst vermutlich keine Bedrohung durch das Virus erfahren, können wir durch die richtigen Maßnahmen Bedürftige schützen.

 

Was können wir konkret tun, um uns und andere zu schützen?

Wie bei vielen anderen Erkrankungen, können wir auch in diesem Fall mit unserem Verhalten einiges bewirken. Im Alltag können wir auf die folgenden Dinge achten, die dabei unterstützen können, dass wir uns selbst nicht mit dem Virus anstecken und ihn auch nicht weiter übertragen:

  • Wahrung der richtigen Husten- und Nies-Etikette
    • In den Ellenbogen Niesen und Husten
  • Ordentliche Handhygiene im Alltag - mindestens 30 Sekunden lang (inkl. Fingerkuppen, Handinnenfläche, Fingerzwischenräume und Handgelenke), v.a.
    • nach dem Naseputzen, Husten oder Niesen
    • nach dem nach Hause kommen 
    • nach dem Kontakt mit Kranken
    • vor den Mahlzeiten
  • Abstand halten und weitere Barrieremaßnahmen, v.a.
    • 1-2 Meter Abstand zu anderen Personen halten
    • auf Umarmungen und Handschläge verzichten
  • Soziale Distanzierung
    • zu Hause bleiben, wann immer möglich; Zimmer regelmäßig lüften
    • nicht notwendige Reisen absagen oder verschieben
    • möglichst nur für Versorgungsgänge rausgehen
    • private Kontakte auf das Notwendigste reduzieren bzw. Möglichkeiten ohne direkten/persönlichen Kontakt nutzen (Telefon, Internet etc.)
    • gemeinschaftliche Treffen/Aktivitäten absagen (Vereine, Sportgruppen, größere private Feiern)
  • Risikogruppen durch Familien- und Nachbarschaftshilfe versorgen; aktiv Hilfsangebote machen
  • Umgang mit Erkrankten im Haushalt festlegen (Schlafen und Aufenthalt in getrennten Zimmern; Mahlzeiten getrennt einnehmen; räumliche Trennung von Geschwisterkindern)

Was solltest du tun, wenn du akute Erkältungsbeschwerden hast?

Laut RKI ist ein Verdacht auf COVID-19 begründet, wenn bei Personen mindestens eine der beiden folgenden Konstellationen vorliegt:

  1. Personen mit akuten respiratorischen Symptomen jeder Schwere oder unspezifischen Allgemeinsymptomen UND Kontakt mit einem bestätigten Fall von COVID-19
  2. Personen mit akuten respiratorischen Symptomen jeder Schwere UND
    Aufenthalt in einem Risikogebiet

Falls einer der beiden Punkte auf Sie zutrifft, begeben Sie sich bitte umgehend in selbstauferlegte Quarantäne und melden Sie sich innerhalb von 24 Stunden telefonisch bei Ihrem zuständigen Gesundheitsamt, um das weitere Vorgehen zu besprechen.

Eine Übersicht der aktuellen Risikogebiete finden Sie unter: ww.rki.de/ncov-risikogebiete.
Eine Übersicht der zuständigen Gesundheitsämter findet sich unter: https://tools.rki.de/PLZTool/ 

Titelbild von Felipe Bustillo von Unsplash.

Michael

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Michael ist promovierter Gesundheitspsychologe und interessiert sich für die verschiedensten Themen rund um Gesundheit. Auf H4bits schreibt er über Themen aus den Bereichen gesunder Lebensstil, Prävention, Gesundheitsförderung, Gewohnheitsbildung und Veränderung von Gesundheitsverhalten.

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